HIIT – Praxistest im Leichtathletiktraining

HIIT – hoch-intensives Intervall-Training – ist momentan der Hit, egal in welcher Fitness-Ecke man stöbert. Ich habe es selbst und mit meinen Athleten über einen gewissen Zeitraum ausprobiert und möchte hier einmal von meinen eigenen Erfahrungen berichten:

Ich habe vor 4 Jahren das erste Mal ein „Tabata“ beim Training eingeführt. Ein Tabata-Intervall beruht auf einer von Dr. Izumi Tabata im Jahre 1996 durchgeführten Studie, bei dem Eisschnellläufer in zwei Gruppen trainierten und dabei die Entwicklung ihrer maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2max – ein Maß für die Ausdauerfähigkeit) und ihrer anaeroben Fähigkeiten gemessen wurden. Beide Gruppen trainierten 5x pro Woche – eine Gruppe traditionell, die andere nach dem Tabata-Protokoll. Nach 6 Wochen war die Gruppe mit einem 4-minütigen Training pro Trainingstag deutlich überlegen. Ein Tabata-Intervall besteht aus 20 Sekunden Maximalbelastung, gefolgt von einer 10-Sekunden-Pause. Den ganzen Spaß 8 Mal…

Mein Ziel war es, einen Teil des zeitintensiven Dauerlauftrainings über diese Methode zeitsparend zu absolvieren. Ich habe dabei viel „herumexperimentiert“ – mal als Spitzenbelastung zum Ende eines eher lockeren Trainings, mal als „Finisher“ einer ohnehin harten Einheit und in der Saison zum Erhalt der allgemeinen Fitness. Dabei habe ich nicht nur das Tabata-Protokoll zu Hilfe genommen, sondern auch andere Formen bis zu 15 Minuten Spitzenbelastungen mit kurzen Pausen bis hin zu kompletten Workouts per App und Online-Coach.

Meine Erfahrung zeigt, dass man mit dieser Art Training einen sehr schnellen Trainingseffekt erzielen kann. Die allgemeine Fitness lässt sich durch gezielte Auswahl der einzelnen Übungen hervorragend trainieren. Im ersten Jahr haben meine Athleten und ich zum Teil sehr gute Leistungsfortschritte in Sprint- und Sprungdisziplinen gemacht, besser definierte Körper inklusive.

Allerdings hat die Methode eine Kehrseite: Zu oft angewendet, lässt sich nur noch schwer periodisieren (in meinem Artikel zur Trainingsplanung der EM habe ich erklärt, warum wir in der Leichtathletik unser Training periodisieren). Man hat ein hohes Level an allgemeiner Fitness, kann aber zu den Höhepunkten in der Saison keine Spitzenleistungen abrufen. Ich kann mir das nur so erklären, dass durch die regelmäßig wiederkehrende extrem intensive Belastung der Körper nur noch wenig Adaption bei ansteigender Intensität im Training zeigt. Für alle Fitness-Freaks also wahrscheinlich ein tolles Training, aber für ein durchdachtes periodisiertes Training mit Wettkampfhöhepunkten nur bedingt zu gebrauchen. Während ich vorher mit knapp 6 Metern im Dezember/Januar einstieg und dann bei 6,50 m im Sommer landete, pendelte ich jetzt nur noch in einer knappen Range um 6 Metern.

Ein weiterer Effekt, der sich bei mir persönlich eingestellt hat: Meine Dauerlauffähigkeit wurde schlechter. Meine Erfahrung: Durch die kurzen Extrembelastungen gewöhnt man sich zu sehr daran, dass nach ein paar Minuten die Schinderei ein Ende hat. Beim Dauerlauf war bei mir nach 15 Minuten die Luft raus – keine Lust mehr. Offenbar ein psychischer Effekt.

Burpees – eine beliebte Übung beim HIIT

Nach diesen vier Jahren Erfahrung werde ich die HIIT-Methode zukünftig vor allem im Grundlagentraining anwenden und zwar in Form von intensivem Zirkeltraining – also etwa 8 Stationen mit jeweils 30 Sekunden maximaler Belastung und 15 Sekunden Pause. In der Wettkampfsaison ist gegen ein kleines Tabata hier und da nichts einzuwenden, dann aber eher als Spaßfaktor zum Auspowern. Hier werde ich zukünftig wieder mehr auf „traditionelle“ Trainingsinhalte mit mehr Spezifität setzen.

Abschließend noch ein Tipp für Wiedereinsteiger oder Anfänger: HIIT ist nur etwas für erfahrene Athleten. Voraussetzung ist eine einwandfreie Gesundheit, vor allem der Kreislauf sollte topfit sein. Der Puls wird extrem in die Höhe gejagt. Also selbst mit einem kleinen Schnupfen ein absolutes No-Go. Außerdem sollte man maßvoll vorgehen. Belastungen von 12 bis 15 Minuten (ein bis zweimal pro Woche) sind völlig ausreichend. Hier gilt auf keinen Fall „viel hilft viel“! Und schließlich sollten sich unerfahrene Athleten einen guten Trainer suchen, der das Training beaufsichtigt und notfalls anpasst.

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